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Freianlagen Pflege Immobilien EnBW

Auftraggeber: EnBW
Datum: 2007 - 2014

Artikel der ENBW - Facility Management

ENBW-AUSSENANLAGEN
FM fürs Grüne

Früher managte die Energie Baden-Württemberg AG (EnBW) die Bewirtschaftung ihrer Außenanlagen in Eigenregie, 2006 wurde das Planungsbüro knoll.landschaftsarchitekten damit beauftragt. Die „Externen“ haben seither die Kosten um 18 Prozent gesenkt und die Qualität wieder gesteigert.

Bürogebäude, Kraftwerke, Werkstätten, Netzleitstellen und Lagerhallen – das typische Immobilienportfolio eines Energieversorgers. Im Falle der EnBW kommen allein im Raum Stuttgart zu diesem Gebäudebestand noch rund 105.000 m² Außenanlagen hinzu, die ebenfalls bewirtschaftet gehören. Früher war die Pflege dieser Flächen dezentral geregelt, d. h. jeder Standort organisierte sich eigenständig und in der Regel mit eigenem Personal. Ein durchgängiges, langfristiges Pflegekonzept gab es nicht und so beauftragten die Verantwortlichen vor Ort bei Bedarf meist aus dem Stegreif einen der Dienstleister, den sie schon aus anderen Projekten kannten. Eine für die EnBW letztlich sehr unbefriedigende Vorgehensweise, denn das Fehlen einer langfristigen Pflegestrategie machte sich nicht nur in den Kosten, sondern auch in der Qualität der Außenanlagen bemerkbar. „2005 hat uns die EnBW Infrastruktur Support GmbH, eine Tochter der EnBW, die sich um das Immobilienmanagement kümmert, gebeten, ein Angebot für die Pflege abzugeben“, erinnert sich Prof. Siegfried Knoll, der an der Fachhochschule Nürtingen Landschaftsarchitektur lehrt.

„Wir Landschaftsarchitekten werden bislang eher selten mit der Pflege von Grünanlagen betraut, bzw. bislang ist es kein sehr angesehenes bzw. lukratives Planungsgeschäft, uns in die Pflege ‚einzumischen’. Haben wir die Anlage geplant und umgesetzt, sind wir meist aus dem Projekt raus und unsere Erfahrung zeigt leider, dass viele Anlagen danach falsch gepflegt werden.“ Oft werde in den Firmen auch nicht darauf geachtet, ob die, die mit der Pflege betraut würden, entsprechend ausgebildet seien. „Viele kennen sich mit dem, was wir gepflanzt haben, zu wenig aus. Da werden Wildstauden und Bodendecker schon mal zum Unkraut erklärt und entfernt. Das tut nicht nur uns in der Seele weh, sondern kostet die Firmen auch Geld und Image, denn der Zustand der Außenanlagen ist ja für jeden offensichtlich und wird mit dem Zustand der Firma unsachlich in Zusammenhang gebracht“, gibt Knoll zu bedenken.

System für die Pflege

Seit einigen Jahren arbeitet der gelernte Gärtner nun schon an übergreifenden, integrierten Pflegestrategien für den Außenbereich sowie an Möglichkeiten, wie sich Landschaftsarchitekten für beide Seiten gewinnbringend mit einbringen können. „Wir haben sämtliche Ideen und Erfahrungen systematisiert und Konzepte für unterschiedlichste Freiflächen entwickelt. Daraus sind neue Planungsaufgaben und ein neuer Betriebszweig unseres Büros entstanden: die knoll.neues.gruen.gmbh. Mir geht es darum, Außenanlagen wieder als etwas Wertvolles zu begreifen, das jedoch zu günstigsten Kosten gepflegt werden kann – und zwar von Menschen, die das gelernt haben und das beherrschen. Ich weiß nicht, ob meine Berufskollegen eher denken: ‚Ich mach doch nicht Bauleitung fürs Rasenmähen.’ – doch gute Landschaftsarchitektur muss sich in den Außenanlagen widerspiegeln. Aber wir hatten in der Vergangenheit oft das Gefühl, dass wir den Durchbruch nicht schaffen.“ Die Chance am Beispiel bot dann jedoch das EnBW-Projekt und die wollte Knoll nutzen. „Wir haben ein Angebot gemacht, dass die EnBW gar nicht ablehnen konnte; wir haben anfangs investiert in diesen Auftrag.“

Überzeugt hat die EnBW letztlich jedoch nicht nur das „angemessene Kosten-Leistungsverhältnis“, sondern auch die zugesagte Kostenoptimierung. „Als wir die bisherigen Kosten und Abläufe in der Außenanlagenpflege einsahen, war klar, dass wir kostengünstiger arbeiten und die Attraktivität der Anlage trotzdem wieder steigern können“, erklärt Knoll. „Einige Leistungen waren viel zu teuer veranschlagt und über die Jahre hatten sich bestimmte Ausgaben und Maßnahmen eingeschliffen, die pauschal jedes Jahr gleich angesetzt und abgerechnet wurden. Ein Leistungskonstrukt, das parallel zur Praxis existierte, sich aber nicht immer mit ihr deckte.“ Basierend auf einem Jahr mit durchschnittlicher Witterung habe man etwa mit dem Dienstleister die Zahl der Rasenschnitte vereinbart und sie für die nächsten Jahre einfach übernommen. So sei der komplette Preis auch in trockenen Sommern, in denen weniger Schnitte nötig sind, entrichtet worden – die notwendigen Rasenwässerung habe der Dienstleister aber zusätzlich in Rechnung gestellt.

Schwächen entlarven

Den Auftrag für die ersten sieben Objekte erhielten Prof. Knoll und sein Team 2006. Das Leistungspaket umfasst laut EnBW die komplette Grünpflege unter Berücksichtigung eines ökologischen Pflegekonzepts, inklusive Kontrolle, Qualitätssicherung, Standardisierung und Ausschreibung der Leistungen. Die „Externen“ haben daraufhin begonnen, detailgetreue Kataster der Außenanlagen zu erstellen, die seither auch regelmäßig aktualisiert werden. „Damit weiß die EnBW jederzeit über den Zustand ihrer Grünflächen und Freianlagen Bescheid und kann Pflegestatistiken und -Benchmarks ableiten.“

Danach haben die Landschaftsarchitekten mit der EnBW ein Profil für die künftige Nutzung der Außenanlagen erarbeitet – immer vor dem Hintergrund der Funktion der jeweiligen Gebäude und den sich daraus ergeben Anforderungen an die Gestaltung der Außenanlagen.

* Um einen möglichst großen Bieterkreis zu erreichen, erfolgte die Ausschreibung auf Wunsch der EnBW über www.greenprofi.de, dem Fachportal für den GaLaBau, Straßen- und Tiefbau. Für den Auftraggeber ist das Einstellen von Ausschreibungsunterlagen kostenlos, registrierte Fachbetriebe der Branche können dort die Unterlagen nebst GAEB- Datei gegen eine geringe Gebühr herunterladen erklärt Rüdiger Pflug. Der staatlich geprüfte Techniker für Garten- und Landschaftsbau verantwortet als freier Mitarbeiter bei Prof. Knoll die Abwicklung des EnBW-Projekts.

Während der Definition der Flächen ist das Knoll-Team auf funktionelle Schwachstellen gestoßen, „die uns in vielen Firmen immer wieder begegnen. Beispiel: Rasenflächen, die temporär als Lager genutzt werden. Das ist Zeit- und Geldverschwendung, denn stehen diese Flächen zum Mähen an, muss immer erst die Lagerfläche geräumt werden. Ist offensichtlich der Bedarf für Lagerflächen vorhanden, sollte man einen Teil des Rasens zur Lagerfläche umfunktionieren und auch den geeigneten Bodenbelag vorsehen. Das verursacht zwar zunächst weitere Kosten, amortisiert sich aber schnell. Es ist anfangs immer teurer, muss man eine Anlage überhaupt erst in einen entsprechenden Pflegezustand bringen. Aber in den Folgejahren kann man dafür rationeller, maschinengerecht und vor allem kostengünstiger pflegen.“

Ähnlich gestalte sich die Situation, wenn die Zufahrten zu Werkstätten zu klein seien für Industriefahrzeuge und LKWs, sodass immer wieder Kanten von Grünflächen überfahren würden. „Statt die Radien zu vergrößern, wird meist die Kante ausgebessert – auf die Dauer vielfach teurer. Am häufigsten jedoch stellen wir fest, dass schlicht und ergreifend Pflanzen an falsche Stellen gesetzt werden. Wer das Einmaleins von Außenanlagen nicht beherrscht, wer nicht weiß, wo und wie welche Pflanzen am besten gedeihen, wie sie am einfachsten zu pflegen sind und wie das Ganze mit der Nutzung und Funktion des Gebäudes korreliert, braucht sich nicht wundern, wenn die Kosten aus dem Ruder laufen, während die Flächen immer unattraktiver werden.“

Pflege mit System

Um ein nachhaltiges Pflegekonzept entwickeln zu können, behoben die Landschaftsarchitekten erst die funktionellen Mängel und fassten dann alle Pflegemaßnahmen für die Außenanlagen zusammen. „Wir haben die Standard-Pflegeaufgaben definiert und neu ausgeschrieben. Zur Angebotsabgabe haben wir auch Firmen unserer Wahl aufgefordert, aber auch jene, mit denen die EnBW bislang zusammen gearbeitet hat“, erklärt Rüdiger Pflug als verantwortlicher Planer und Bauleiter, der bei Prof. Knoll die Abwicklung des EnBW-Projekts betreut. „Anhand der Angebote hat sich wieder gezeigt, dass die Baufirmen und fachfremde Firmen meist deutlich teurer waren, meist kleinere Firmen, die auf den Bereich Gartengestaltung spezialisiert sind. Die setzen Pflegepreise natürlich anders an als Firmen, die nicht auf Gestaltung, sondern auf Pflegearbeiten spezialisiert sind. Darauf sollten Auftraggeber achten.“

Die Budgets für die Außenanlagenpflege schreibt die EnBW auf vier Jahre fest, in einer jährlichen Begehung definieren die Landschaftsarchitekten jedoch für jedes Jahr genau, wann und in wie vielen Durchgängen die Standardaufgaben ausgeführt werden müssen. Die Verträge mit den Dienstleistern sind jedoch ebenfalls für die Dauer von vier Jahren geschlossen. „Dank der langfristigen Zusammenarbeit können wir deutliche Preisvorteile aushandeln. Die Verträge laufen noch bis Februar 2012“, teilt Pflug mit und weist zudem darauf hin, dass sich auch die Vergabe größerer Flächen im Preis bemerkbar gemacht hätte. Die Qualität der Leistungserbringung prüfen die Landschaftsarchitekten stichprobenartig. Zudem geben die Hausmeister Feedback. „Sie sind eine wichtige Schnittstelle für uns, darum halten wir auch einmal pro Jahr eine Hausmeisterkonferenz abhalten, zu der alle zusammen kommen und etwaige Probleme im Außenbereich besprechen“, beschreibt Knoll.

System zeigt Ergebnis

Eigenen Aussagen zufolge konnte die EnBW mit Hilfe des neuen Konzepts bislang rund 23 Prozent der bisherigen Kosten* einsparen. Das sei vor allem durch Auftragsbündelung, pflegeleichtere Pflanzkonzepte und eine Optimierung der Pflegeintervalle gelungen. So sind inzwischen aus den anfangs sieben Projekten, mit denen Prof. Knoll beauftragt wurde, schon 15 geworden. „Da jetzt weitere Objekte dazugekommen sind, arbeiten wir nun auch für uns kostendeckend“, erklärt Knoll, der mit seinen Maßnahmen der EnBW jedoch langfristig betrachtet Kosteneinsparungen in Höhe von 35 Prozent bescheren möchte. Auch soll das neue Bewirtschaftungskonzept auf weitere Flächen, auch außerhalb des Stuttgarter Raums, ausgeweitet werden; die Planungen sind laut EnBW jedoch noch nicht abgeschlossen.

Knoll indes brütet mit seinem Team längst über neuen Ideen im Hinblick auf die EnBW-Außenanlagen – alles unter der Überschrift: Ökologie. „Auf ein umweltfreundliches Pflegekonzept hat die EnBW großen Wert gelegt. So ist es etwa verboten, Pestizide oder Herbizide einzusetzen. Zudem sind wir dabei, Reservoirs anzulegen, in denen wir Regenwasser für die Bewässerung sammeln. Denkbar ist, dass wir die Bewässerung in Teilbereichen mit Feuchtigkeitsfühlern automatisieren. Natürlich legen wir auch Flächen an, in denen wir Wasser über biologische Klärfilter versickern lassen können, statt es in die Abwasserkanäle zu leiten.“ Auch die erneuerbare Energieproduktion im eigenen „Garten“ könnte Knoll der EnBW bald als Vorschlag unterbreiten. Stichwort: Holzproduktion, denn theoretisch könne man das Holz, das nach Baumschnitten anfalle, zu Heizzwecken nutzen. „Denkbar sind Eichen, Buchen und Hartriegel, die man immer wieder auf eine Höhe von etwa 15 cm zurückschneidet. Das Ganze müsste allerdings so angelegt sein, dass man maschinell mit lasergesteuerten Mähmessern ernten kann, und die Bäume dürften baurechtlich nicht unter Baumschutzverordnungen fallen. Hier müssen wir noch Versuchsflächen anlegen und untersuchen, ob sich das im großen Stil rechnet. Außenanlagen bieten eine ganze Palette an Möglichkeiten – leider haben viele Firmen das noch gar nicht erkannt."

Sandra Hoffmann (Redakteurin Facility Management)

* Absolute Zahlen teilt die EnBW nicht mit.